Kris Longknife - Das Kommando by Mike Shepherd

Autor:Mike Shepherd
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-01-01T05:00:00+00:00

12

Kris blieb gleich hinter der Tür stehen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Der riesige Saal war aufgeteilt zwischen Dinnertischen auf der Linken und einer Tanzfläche rechterhand. Ein kleines Orchester spielte Hintergrundmusik, war aber sicherlich bereit, später auch Tanzmusik anzustimmen. Hier roch es geradezu nach Stolz und Selbstvertrauen. Oh, und nach sauer verdientem Geld.

Kris wurde nicht angekündigt; auf Chance waren die Gebräuche dafür zu egalitär. Trotzdem nahm eine Woge gedrehter Köpfe ihren Lauf, während sich die Nachricht von ihrem Eintreffen in Windeseile ausbreitete. Die Wahlkampfmanagerin in Kris schätzte die Zahl der Anwesenden auf circa zweitausend. Die blauen Galauniformen von hundert Greenfeld-Offizieren drängten sich schützend zu sechs Gruppen zusammen, die, wie Kris vermutete, für die einzelnen Schiffe standen. Ob hohe Zahlen nun Sicherheit boten oder nicht, einen tröstlichen Charakter konnte man ihr nicht absprechen.

Während Kris und Jack die Stufen zum Hauptparkett hinabschritten, entdeckte Kris eine große Versammlung Einheimischer in voller Abendkleidung, die sich um Hank und seine Captains drängten. Die Köpfe der Einheimischen folgten dem Trend, sich Kris zuzuwenden. Hank ignorierte sie.

Zweifellos nahm er an der sinkenden Aufmerksamkeit für ihn selbst Anstoß, als er in die Stille hinein sprach: »Greenfeld möchte nichts mit der Monarchie und der damit verbundenen Steuerlast zu schaffen haben.« Einen solchen Punkt hätte vielleicht besser jemand angesprochen, der die aktuelle Position nicht eindeutig seiner Geburt verdankte. Vielleicht hätte Kris ihre Navy-Uniform tragen sollen, um die Balance zwischen sauer verdient und leicht vergeben zu demonstrieren.

Nein, die Reaktion, die sie als Prinzessin hervorrief – seitens Hank, des kleinen Mädchens und von so ziemlich jedem in diesem Saal – lohnte absolut das zusätzliche Gewicht des Diadems auf ihrem Kopf und das herrliche Gefühl des Satins, das ihre Beine umschmeichelte. Ja, dieser Abend ist es eindeutig wert, dass ich Strümpfe angezogen habe.

Sie hielt sich an Vaters schon in früher Jugend empfangene Empfehlungen und bemühte sich, rasch ihre Kreise zu ziehen, schnell von einer Gruppe zur nächsten zu gehen und jeweils nur wenige Worte fallen zu lassen oder ein kurzes Lächeln zu zeigen. Die Männer steckten in schwarzen Smokings oder weißen Dinnerjackets, die Frauen in so bunten und leichten Kleidern, wie Kris sie sich nicht selbst genehmigte. Viele hier hatten Väter oder Großmütter, jüngere Brüder, kleine Schwestern oder ältere Söhne und Töchter, die auf Kris’ Raumstation oder an Bord der Patton arbeiteten. Jeder auf Chance schien mit jemandem verwandt oder schien jemanden zu kennen, der für die Stationssicherheit arbeitete oder fürs Museum oder einfach irgendetwas im Orbit. Kris bedankte sich für den Beistand, und das schien genügend Tribut, um an die nächste kleine Gruppe weitergereicht zu werden.

Wenig später tauchte eine der jungen Damen im feierlichen Frack und weißer Fliege neben ihr auf, reichte ihr ein Glas Tafelwasser und deutete an, dass das Dinner jetzt aufgetragen werden würde, »falls Ihre Majestät so freundlich wäre, den für sie vorbereiteten Platz einzunehmen.« Kris ersparte dem Mädchen ein Erlebnis von mörderischer Peinlichkeit, indem sie auf den Hinweis verzichtete, dass nur König Ray die Anrede »Majestät« zustand, ihr, Kris, hingegen nur »Hoheit«.

Jeder Mensch im Saal folgte Kris zu den Tischen.

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